Im Herbst 2024 startet unsere neue kostenlose Fortbildung “Lernpfad Change: Upgrade für den Aktenschrank”. Carolin Brömmel und Manuela Dorsch aus dem Team der Initiative K360 konzipieren unter anderem die Inhalte dafür. Diese basieren auf dem im Juni erscheinenden Change-Guide und jahrelanger Zusammenarbeit mit Kommunen zu integrierter Planung und Steuerung. Außerdem haben beide Referentinnen selbst mehrere Jahre in Kommunalverwaltungen gearbeitet.
Welche Erfahrungen aus dieser Zeit helfen ihnen heute bei der Gestaltung des Lernpfads Change?
K360: Manuela und Carolin, Ihr beide habt in der Verwaltung gearbeitet. Welche Rolle spielte Veränderung und wie wurde sie in die Praxis gebracht?
Carolin Brömmel: Es gab und gibt viele motivierte Kolleg:innen in Kommunalverwaltungen, die großen Mehrwert darin sehen, Dinge anders als bisher zu machen. Das gibt viel Hoffnung und bringt vielerorts gute Initiativen hervor. Ich habe während meiner Zeit als Sozialarbeiterin in der Verwaltung gelernt, dass jede:r der/die etwas Neues in die Verwaltung bringen möchte, ein gutes Verständnis von Veränderungsprozessen braucht. Dieses Verständnis zu haben, ist weder selbstverständlich noch einfach.
Manuela Dorsch: Diese Erfahrung teile ich: Meine Aufgabe in der Verwaltung war es, im Bereich der Querschnittsthemen Bildung und Integration strategische Netzwerke und Gremien aufzubauen und dort die fachliche Zusammenarbeit zu steuern. Dabei ist mir viel Widerstand begegnet. Rückblickend weiß ich, dass auch mir dieses Verständnis gefehlt hat. Ich habe Change-Management betrieben, ohne es zu realisieren. Mit der Gestaltung von Veränderung gehen Schmerzmomente und negative Reaktionen einher. Es hätte mir sehr geholfen, wenn mir jemand gesagt hätte: “Das, was wir hier tun, verändert die Verwaltung grundlegend”. Dann wären meine eigene Haltung und Vorgehensweisen vermutlich andere gewesen.
Das möchten wir Ihnen im Lernpfad Change vermitteln:
- Integrierte Planung zu etablieren, bedeutet die Arbeitsweisen innerhalb der Verwaltung und mit beteiligten Akteur:innen grundlegend zu verändern.
- Diese Veränderung findet auf drei Ebenen statt: auf der individuellen, kommunalen und Organisationsebene.
- Im Lernpfad Change wird die Kulturveränderung, die wir in der Verwaltung erreichen wollen, spürbar: Wir lernen voneinander und experimentieren, um innovative Antworten auf bestehende Probleme zu finden.
K360: Was genau gehört für euch zu diesem Verständnis?
Carolin Brömmel: Zunächst sollte man erkennen: Die kommunale Verwaltung ist ein über Jahrzehnte organisch gewachsenes System. Dieses zu verändern, verlangt mehr als Euphorie „für die Sache“, eine gute Idee oder eine Vision vom idealen Zustand. Vielen Kolleg:innen – mich selbst eingeschlossen – fehlten die passenden Methoden, um Prozesse oder Strukturen in der Praxis ganzheitlich und nachhaltig verändern zu können. Dieses Bewusstsein darüber und passende Methoden bei der Umsetzung sind jedoch Voraussetzung dafür, dass Veränderungen in den jeweiligen Kontext passen und von den Beteiligten angenommen werden.
Manuela Dorsch: In meiner Arbeit für die Initiative Kommune 360° begegne ich regelmäßig Jugendhilfeplaner:innen und anderen kommunalen Akteur:innen, die mit hoher Fachlichkeit gute Ideen zur Lösung von Problemen finden. Diese erfordern oft integrierte Arbeitsweisen. Integriertes Arbeiten in der Verwaltung zu etablieren ist allerdings kein rein fachliches Anliegen und schon gar kein kleines Unterfangen. Vielmehr stellt es eine grundlegende Veränderung des Systems Verwaltung dar. Das betrifft auch die Art und Weise wie mit anderen Akteur:innen in der Jugendhilfe und darüber hinaus in der Kommune zusammengearbeitet wird.
K360: Das klingt nach einer großen Aufgabe…
Manuela Dorsch: Ja, aber sie ist nicht unmöglich! Menschen brauchen Zeit sich auf Neues einzulassen. Skepsis spielt eine Rolle, genauso wie die Angst, eigene Kompetenzbereiche zu verlieren und Unklarheit darüber, wer hier jetzt eigentlich hierarchisch zuständig ist. Diese Veränderung muss aktiv begleitet werden. Nur so gelingt es, dass alle Beteiligten den Prozess auch gemeinsam gehen wollen. Sich das bewusst zu machen, hilft entsprechend zu agieren und reagieren.
K360: Kannst du da konkreter werden? Was genau meinst du mit agieren und reagieren?
Manuela Dorsch: Ein Beispiel: Auch die motiviertesten Menschen brennen aus, wenn sie mit ihrem Veränderungsanliegen wiederholt auf viel Widerstand stoßen. Im Lernpfad Change zeigen wir den Teilnehmenden deshalb unter anderem den Antreiber Test. Er hilft Ihnen dabei zu verstehen, “wie man tickt” und achtsam mit sich selbst und anderen umzugehen. Es ist z.B. sehr wichtig, mögliche Widerstände nicht persönlich zu nehmen.
Carolin Brömmel: Wir werden uns darüber hinaus intensiv mit den eigenen Rollen in Change-Prozessen beschäftigen. Je nachdem in welchem Kontext ich agiere, habe ich eine andere Funktion und dementsprechend werden andere Erwartungen an mich herangetragen. So können einzelne Personen Chancen und Grenzen des eigenen Handelns besser erkennen und Stärken gezielter einsetzen.
Ich bin ein großer Fan der 15%-Lösung! Diese Methode hilft dabei, einen Anfang zu finden, wenn der Veränderungsberg eigentlich zu groß erscheint. Wo liegt mein Einflussbereich? Welche kleine Veränderung ist in meinem Rahmen gerade möglich? Das kann man mit dieser Methode gut herausfinden und sich dabei schnell selbstwirksam fühlen. Und diese Methode zeigt auch: Wirklich jede:r kann einen wichtigen Beitrag für Veränderung leisten!