Ein Beitrag von Nancy Weber dos Santos und Marlous Behrendt der Initiative Kommune 360°
Lean Coffee ist eine von vielen agilen Methoden, bei denen alle Teilnehmenden aktiv und auf Augenhöhe eingebunden werden. Sie kommt ursprünglich aus dem Lean Management, wo es darum geht, möglichst effizient zu einem Ergebnis zu kommen. Besonders spannend: dieses Meetingformat hat keine vorab festgelegte Agenda. Der Gesprächsverlauf folgt den Interessen der Teilnehmenden und wird gemeinsam mit ihnen gestaltet.
Auf unserem 360°-Festival für innovative Planung vom 07.–09. Dezember 2022 in Apolda haben wir die Lean Coffee-Methode in einem Werkstatt-Format angewandt. Zeitlich lag diese im letzten Workshop-Slot und bot zum Ende des Festivals einen spannenden Diskussionsraum, in dem sich nach kurzer Zeit ein dynamischer Diskurs ergab. Die Methode bietet also eine Möglichkeit in Minuten zu verschiedenen Themen zusammenzuarbeiten. Doch wie funktioniert dieses Format?
Der Einstieg: Jede Person sammelt für sich Themen. In unserem Workshop fragten wir die Teilnehmenden, welche AHA-Momente, offene Fragen oder auch Gelerntes sie nach so viel Inspiration und Input der erlebten Tage noch beschäftigt. Heraus kam eine Sammlung an Fragen, Hypothesen und Wünschen. Per Priorisierung mit Klebepunkten entschieden die Teilnehmenden nun für sich, über welches Thema sie selbst gerne diskutieren möchten. Die Anzahl der Klebepunkte auf den Themen entschied über die Rangfolge.
Die Favoriten der Gruppe waren die Fragen “Wie kann ich die Inhalte aus dem Festival in meine Organisation transportieren?” ergänzt um “Welche Formate braucht es, um speziell Führungskräfte und Amtsleitungen für die Themen zu gewinnen?” Und der Dialog wurde eröffnet. Schlagworte aus dem Austausch waren: Eine Guerilla-Taktik verfolgen. Das heißt, die eigenen Überzeugungen zu Veränderungsmöglichkeiten immer wieder sichtbar machen, Irritationen anregen und nach Verbündeten suchen und dass sowohl im eigenen Arbeitsumfeld als auch mittels Social Media.
Das Besondere an diesem Meetingformat, der Austausch wird zeitlich eingegrenzt. Nach Ablauf von fünf Minuten einigt man sich im Lean Coffee Format per ‘Daumen hoch’ auf weitere drei Minuten Diskussionszeit. Diese Art der Abstimmung wird immer nach Ablauf der ersten Dialogzeit angewandt. So wird per Daumenanzahl entschieden, ob einem Gesprächsthema noch mehr Zeit und Tiefe gegeben wird oder ob zum zweiten Thema/Agendapunkt übergegangen wird. Danach gab es fünf Minuten für das an zweite Stelle gewählte Thema. In unserem Fall war es die These “Verwaltung, so wie sie heute ‘aufgebaut’ ist, wird die Herausforderungen von morgen nicht bewältigen.” Wird Sie nicht? Doch, wird sie, und zwar genauso wie die Schule es schon seit Jahren macht: mit der Strategie des „Muddling trough“ übersetzt in etwa: sich durchwurschtelnd. Man hätte meinen können, bei dem Thema driftet die Gruppe ins Negative ab, aber nein, die Stimmung blieb heiter und es wurden viele Beispiele gefunden, dass es ein Bewältigen geben wird. Eine Teilnehmerin sagte: “Wir wollen die Bewegung und den Handlungsmut aus der Krise auch ohne Krise”. Sprich, Verwaltung hat in den letzten Jahren sehr wohl immer wieder sehr deutlich gezeigt, dass sie aktuellen Herausforderungen begegnen kann. Sie ist vor allem offen für Neues, was die Teilnahme an unserem offenen Format zeigte.
Zurückblickend können wir sagen, die dynamische Atmosphäre und der Diskurs auf Augenhöhe haben Spaß gemacht. Anbei in Stichpunkten Tipps zur Umsetzung!
- Für die Durchführung der Methode braucht es Moderation und Time-Boxing.
- Als Moderator:in können Sie über den zeitlichen Rahmen für das Meeting selbst bestimmen. Auch die Diskussionszeit der einzelnen Themen, sowie die Verlängerung der Diskussionsrunde nach einem ‘Daumen hoch’ kann von Ihnen vorgegeben werden, kann aber auch mit der Gruppe abgestimmt werden.
- Halten Sie als Moderator:in während der Diskussionszeit auch gerne einmal Stille aus. Gedanken werden eventuell noch gesammelt. Wenn ein Thema jedoch zu Ende diskutiert ist, ist einfach das nächste Thema dran.
- Eingesetzt werden kann das Format in z. Bsp. Einem Morgen-Check-in oder in einem Fachaustausch
- Sie brauchen eine Wand mit drei Spalten (Überschriften: zu besprechen, wird besprochen, wurde besprochen) für alle sichtbar und erreichbar. Moderationskarten, Stifte, Klebepunkte oder online: ein Whiteboard
- Alle Teilnehmenden sind aktiv angehalten, sich zu beteiligen und Themen einzubringen.
- Es werden die Themen besprochen, welche in der Gesamtheit aus den individuell verteilten Klebepunkten die Mehrheit bekommen. Diese demokratische Wahl der Themen ist beim Punkte verteilen “schon etwas aufregend”, wie eine Teilnehmerin meinte. Man stellt sich die Frage “Passt mein Thema?”. Es wird passieren, dass eingebrachte Themen auf kein großes Interesse stoßen. Passiert das häufiger mit Themen, lohnt sich ein Gespräch darüber, vielleicht aber in einem anderen Rahmen.
- Kleiner Tipp: Wollen Sie, dass Ihr Thema besprochen/gepunktet wird, dann nutzen Sie die Kurzvorstellung und machen ordentlich Werbung per Elevator Pitch.
- Das Format vereint viele Workshop-Methoden, wie z.B. Silent Writing – das Niederschreiben von Gedanken nur für sich; Elevator Pitch – kurze Überzeugungsarbeit einer Idee und dem Kanban-Board mit den Spalten “zu besprechen”, “wird besprochen” und “wurde besprochen” zur Visualisierung der Prozessschritte.
Für weitere erklärende Worte zur Durchführung gibt es diverse Seiten, wie z.B. diese hier: https://verwaltungsrebellen.de/lean-coffee/
Auf einen (Lean-) Coffee!