Komplexe Herausforderungen erfordern eine gemeinsame Bearbeitung über die Grenzen des eigenen Ressorts hinaus. Denn: Auch die Realität der Menschen ist nicht in Ressorts unterteilt. Deshalb erprobt das Dezernat für Jugend, Bildung, Integration und Informationstechnologie der Stadt Wolfsburg neue integriertere Arbeitsweisen. Die Dezernentin Iris Bothe berichtete in der “Kommune Gestaltet!”-Veranstaltung vom 17. Oktober 2023 von diesem Prozess und ersten Ergebnissen.
Sie wollen mehr dazu erfahren, wie das Dezernat in Wolfsburg den Veränderungsprozess meistert?
Dann hören Sie in unsere Podcast-Folge Agiles Arbeiten in der Verwaltung ist möglich! – So fielen in Wolfsburg die Säulen mit Gästen aus Wolfsburg rein.
Kooperative Entwicklung
Wie können Kommunen besser auf Krisen reagieren? Wie gehen sie mit knapper werdenden Mitteln um? Wie begegnen sie den Herausforderungen des Fachkräftemangels?
Ausgehend von diesen Fragen entwickelte das Dezernat II der Stadt Wolfsburg über eineinhalb Jahre kooperativ ein integriertes Ziel- und Steuerungssystem. Es entstand ein System, in dem die Akteur:innen aus den einzelnen Geschäftsbereichen gezielt bereichsübergreifend zusammenarbeiten.
- Der strategische Steuerkreis trifft sich monatlich, um konkrete Arbeitsaufträge an die Arbeitsgemeinschaft (AG) Fachplanung sowie an die Projektgruppen zu vergeben.
- Der Steuerkreis besteht aus den Geschäftsbereichsleitungen und wird themenspezifisch um Fachkräfte ergänzt. Gemeinsam treffen sie so verbindliche Entscheidungen.
- Fachplaner:innen aus den Geschäftsbereichen werden von ihren Leitungen für 20 Tage im Jahr freigestellt, um in der AG Fachplanung bereichsübergreifend steuerungsrelevante Informationen und Zahlen aufzubereiten.
- Temporäre und bereichsübergreifend besetzte Projektgruppen bearbeiten spezifische Themen.
- Themenforen ermöglichen einen Informationsaustausch zu größeren Themen
Praxisphase
Seit 2023 erprobt das Dezernat das neue System. Begleitende Schulungen in agilen Arbeits- und Reflexionsmethoden befähigen die Fachplaner:innen dazu, Themen bereichsübergreifend zielsicher zu bearbeiten.
Die 20-tägige Freistellungen nutzen die Fachplaner:innen, um Kennzahlindikatorensets für den Übergang von Schule zu Beruf zu entwickeln. Gleichzeitig engagierten sie sich in der Kita- und Schulentwicklungsplanung und konzipierten eine kommunale Präventionsstrategie. Eine weitere Neuerung: Für diese Zeit sind sie dem Steuerkreis und nicht mehr ihren individuellen Führungskräften gegenüber berichtspflichtig.
Der Steuerkreis als Kernstück der Entscheidungsfindung ist “heilig”, wie Iris Bothe erläuterte. Sein Erfolg zeigt sich darin, dass dem monatlichen Treffen von allen Teilnehmenden eine erhebliche Priorität eingeräumt wird und so verbindliche Entscheidungen getroffen werden. Auch die ersten Projektgruppen konnten Themen wie den Ganztag oder die Integration von Geflüchteten angehen. Darüber hinaus wurden Themenforen zum Austausch von Beschäftigten initiiert.
Zwischenfazit
Nach neun Monaten zieht Wolfsburg ein Zwischenfazit: Das neue Ziel- und Steuerungssystem trägt erste Früchte. Die AG Fachplanung wendet sich von isolierten Datenerhebungen ab. Stattdessen werden Zahlen, Daten und Fakten als Grundlage für steuerungsrelevante Entscheidungen im Steuerkreis kollaborativ und ressortübergreifend erarbeitet bzw. interpretiert. Damit geht die Aufwertung der planenden Stellen und eine gesteigerte Selbstwirksamkeit der Beteiligten einher. Auch der Steuerkreis, die temporären Projektgruppen und Themenforen erweisen sich als geeignete Instrumente dafür, mehr integrierte Zusammenarbeit zu etablieren.
Agile Arbeit und Führung? Kein Widerspruch
Agile Arbeit benötigt andere Führungsmethoden. Allein das Aufsetzen einer kooperativen Struktur genügt nicht. Führungskräfte spielen eine wichtige Rolle dafür, eine kooperative und bereichsübergreifende Arbeitskultur zu ermöglichen, vorzuleben und Mitarbeitende darin zu bestärken, neue Potenziale auszuschöpfen. In den Worten der Dezernentin Iris Bothe fungieren sie als „Ermöglicher und Beförderer“, auch wenn das bedeutet, Anweisungsbefugnisse zugunsten einer kooperativen Arbeitskultur abzugeben.
Kommune gestaltet!-Veranstaltungsreihe
Um unser Netzwerk zu erweitern und einen neuen Raum für Austausch zu schaffen, wurde im April 2022 unsere Veranstaltungsreihe Kommune gestaltet! ins Leben gerufen. In diesem Rahmen erhalten Gestalter:innen aus der kommunalen Praxis neue Impulse, Inspiration und Praxis-Tipps. Durch das kompakte 55-minütige „Mittagspausen-Format“ bieten wir Denkanstöße und gehen miteinander in den Austausch. Die zentrale Frage lautet dabei stets: Wie können Veränderungen zu einer integrierten und kooperativen Planung in Kommunen schrittweise vorangetrieben und gestaltet werden? Einen Überblick über alle Veranstaltungen finden Sie hier.
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